Das Rentensystem in Deutschland steht vor grundlegenden Veränderungen, und die politische Debatte über die „Rente mit 70“ nimmt an Fahrt auf. Laut wa.de ist das gesetzliche Renteneintrittsalter bis 2031 auf 67 Jahre angestiegen. Personen, die 1964 oder später geboren sind, können regulär erst mit 67 Jahren in Rente gehen, wobei ein Ruhestand mit 65 Jahren unter bestimmten Bedingungen nach 45 Jahren Beitragszahlung möglich ist. Ein früherer Ruhestand ist jedoch nur mit Abschlägen realisierbar.

Die Diskussion um eine Erhöhung des Renteneintrittsalters ist besonders umstritten. Während die Koalition aus SPD und Grünen eine Erhöhung abgelehnt hat, sehen viele Experten die Notwendigkeit einer Reform. Die Ampel-Regierung hat im Koalitionsvertrag festgelegt, dass Rentenkürzungen oder eine Anhebung des Renteneintrittsalters nicht auf der Agenda stehen. Diese Position wird unter anderem von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Kanzler Olaf Scholz unterstützt, die gegen eine Rente mit 70 sind, wie merkur.de berichtet.

Demografische Herausforderungen und Expertenerwartungen

Ökonomen und Experten fordern hingegen eine Anpassung des Rentensystems, um dessen Stabilität zu gewährleisten. Der Sachverständigenrat empfielt eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung, ein Ansatz, den das ifo Institut unterstützt. Insbesondere wird auf die niederländische Rentenstruktur verwiesen, die als Vorbild dient. Laut Schätzungen könnte die „Rente mit 70“ ab 2070 umgesetzt werden, sofern die Lebenserwartung um 4,5 Jahre steigt.

Aktuell liegt die Lebenserwartung in Deutschland bei etwa 78,17 Jahren für Männer und 82,99 Jahren für Frauen, mit einem durchschnittlichen Anstieg von 0,1 Jahren pro Jahr. Experten warnen jedoch vor Unsicherheiten, insbesondere infolge von pandemiebedingten Veränderungen. Der Jahrgang 2003 könnte der erste sein, der von einer Rente mit 70 betroffen ist, wohingegen Jahrgänge ab 1970 bei einer jährlich um 0,3 Jahre erhöhten Lebenserwartung schon ab 2040 ins Visier geraten könnten.

Konkrete Reformvorschläge und ihre Implementierung

Zusätzlich zur Diskussion um das Renteneintrittsalter fordern Experten eine Reformierung des gesamten Rentensystems. Hierzu zählt auch eine mögliche Abschaffung der „Rente mit 63“, die zwar ab 2024 schrittweise auf 65 Jahre erhöht wird, jedoch in der Kritik steht. Martin Werding, ein Mitglied des Sachverständigenrates, äußerte scharfe Kritik an der derzeitigen Haltung zur Renteneintrittsalter.

Die Realität der demografischen Entwicklung verdeutlicht sich in den veränderten Verhältnis zwischen Rentnern und Erwerbstätigen. Während in den 1990er Jahren 20 Rentner auf 100 Erwerbsfähige kamen, wird für 2030 mit 40 und Mitte der 2060er Jahre mit über 45 gerechnet. Diese Entwicklung lässt befürchten, dass die junge Generation den Generationenvertrag einseitig kündigen könnte, was dringenden Handlungsbedarf aufzeigt.

Die Herausforderung besteht also nicht nur darin, das Renteneintrittsalter gegebenenfalls an die Lebenserwartung zu koppeln, sondern auch im Rahmen von Reformen sozial nachhaltige Lösungen zu finden, um die Rentenfinanzierung langfristig zu sichern. Der demografische Wandel könnte ansonsten zu einem Anstieg der Sozialabgaben führen, mit dramatischen Folgen für die künftigen Generationen. Der Gesamtbeitragssatz könnte bis 2050 über 50 % ansteigen, was bereits 2030 zum Kipppunkt führen könnte.