Der Nationalrat hat in einer wegweisenden Sitzung beschlossen, die lebenslange Witwenrente in der Schweiz abzuschaffen. Dies geschah im Kontext eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), das die ungleiche Behandlung von verwitweten Personen in der Schweiz kritisierte. Der Bundesrat hatte daraufhin einen Vorschlag unterbreitet, um allen Verwitweten eine gleich hohe Rente zu gewähren, was allerdings zu einem Rückgang der Witwenrenten führen würde. Der Nationalrat entschied nun, dass sowohl verwitwete Männer als auch Frauen lediglich bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes eine Rente erhalten werden. Bei verwitweten Personen, die ein Kind mit Behinderung betreuen, gilt eine Ausnahme, sodass die Rente über dieses Alter hinaus gezahlt wird.
Während die Entscheidung für verwitwete Männer eine kleine Verbesserung bedeutet, stellt sie für viele verwitwete Frauen eine signifikante Verschlechterung dar. Bislang hatten Frauen Anspruch auf eine lebenslange Hinterlassenenrente, die nun abgeschafft werden soll. Mit der neuen Regelung wird der Zivilstand bei der Vergabe der Witwenrente keine Rolle mehr spielen. Frauen, die mit Kindern eine Hinterlassenenrente beziehen, sind von den Änderungen nicht betroffen, während verwitwete Frauen ohne Kinder diese Rente verlieren, es sei denn, sie erhalten Ergänzungsleistungen.
Politische Reaktionen und Anträge
Hintergrund zur Witwerrente
In der Schweiz erhalten verwitwete Männer nur eine Witwerrente, solange ihre Kinder unter 18 Jahren sind, während Witwen auch über das 18. Lebensjahr ihrer Kinder hinaus eine Rente beziehen können. Der EGMR erklärte diese Ungleichbehandlung im Oktober 2022 für diskriminierend und wies darauf hin, dass die Schweiz verpflichtet ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Diskriminierung zu ergreifen. Laut einer Regelung des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) werden seit Oktober 2022 Witwer mit Kindern wie Witwen behandelt, was bedeutet, dass ihre Rente nicht mit dem 18. Geburtstag des jüngsten Kindes erlischt.
Die Reform der Hinterlassenenrenten soll Rechtsgleichheit zwischen Witwern und Witwen herstellen und die Sozialrealität anpassen. Die geplanten Maßnahmen umfassen unter anderem, dass Witwen- und Witwerrenten bis zum 25. Geburtstag des Kindes gezahlt werden, eine Hinterlassenenrente für Personen ohne unterhaltsberechtigte Kinder jedoch nur für zwei Jahre. Nach Ablauf dieser Frist soll keine Rente mehr für Witwen und Witwer unter 55 Jahren gezahlt werden, sofern sie keine berechtigten Kinder haben.
Die Reform für die Hinterlassenenrenten steht somit im Mittelpunkt einer wichtigen gesellschaftlichen Diskussion über Gleichheit und soziale Gerechtigkeit in der Schweiz. Die Verhandlungen im Ständerat und die Reaktionen auf die neuen Regelungen werden entscheidend für die zukünftige Ausgestaltung der Rentenpolitik sein.
Weitere Details zu den Themen der Witwerrente und den geplanten Reformen können unter SRF und BSV eingesehen werden.