Die Alterssicherungspolitik in Deutschland durchläuft seit der Riester-Reform im Jahr 2001 einen grundlegenden Wandel. Die Einführung dieser Reform wurde von der Regierung Schröder (SPD) initiiert, um das durch sinkende Rentenstände bedingte Defizit auszugleichen. Dieser Schritt führte zu einem Mehrsäulensystem, das die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) in eine Grundlage für die Altersvorsorge umwandelte, indem es individuelle, kapitalgedeckte Vorsorgemodelle wie die Riester-Rente forcierte. Ziel des Leitbildes „Lebensstandardsicherung aus mehreren Säulen“ ist es, den Lebensstandard im Alter durch zusätzliche Vorsorgeangebote zu sichern, da die GRV in den letzten Jahren kontinuierlich absenkende Leistungsniveau verzeichnete.
Aktuell beteiligen sich etwa 62 % der Beschäftigten zusätzlich zur GRV an der Altersvorsorge, während 38 % keinerlei über gesetzliche Leistungen hinausgehende Vorsorge treffen. Dies zeigt, dass in der Bevölkerung weitreichende Unterschiede in der Altersvorsorge bestehen. Nur 16 % der Arbeitskräfte kombinieren die Riester-Rente mit einer betrieblichen Altersversorgung (BAV). Die Wahrscheinlichkeit, dass Beschäftigte in großen Betrieben (mit über 1.000 Mitarbeitern) eine BAV haben, beträgt 86 %, während diese nur bei 25 % der Beschäftigten in Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern gegeben ist.
Gesamtentwicklung und Verbreitung der Riester-Rente
Die Riester-Rente ist mittlerweile vielfach als Rückgrat der privaten Altersvorsorge in Deutschland angesehen. Bis Ende 2023 wurden über 20,1 Millionen Riester-Verträge verkauft. Trotz dieser hohen Zahl wurden jedoch rund 4,6 Millionen Verträge gekündigt, was etwa einem Viertel der insgesamt abgeschlossenen Verträge entspricht. Diese Trendwende wird durch die ständig steigenden Kosten und die unzureichenden Renditen der Riester-Verträge beeinflusst, welche häufig als negativ angesehen werden, insbesondere unter Berücksichtigung der Inflation.
Die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos in der Riester-Rente ist gesetzlich vorgeschrieben, jedoch ist die Absicherung gegen Invalidität in der Zusatzvorsorge unzureichend. Nur knapp die Hälfte der betrieblichen Anwartschaften und ein Drittel der Riester-Anwartschaften bieten entsprechenden Schutz. Zudem musste gemäß aktuellen Schätzungen im Jahr 2022 ein durchschnittlicher Verbraucher knapp 1.900 Euro an Zulagen und Steuervorteilen zurückzahlen, was die Attraktivität der Riester-Rente weiter schmälern könnte.
Demografische Unterschiede und Herausforderungen
Die Verbreitung der Zusatzvorsorge zeigt signifikante Unterschiede. Über 80 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit einem Bruttomonatseinkommen von mindestens 5.500 Euro betrachten zusätzliche Vorsorge als notwendig, während nur 45 % der Haushalte von Geringverdienern dies tun. Besonderer Handlungsbedarf besteht zudem bei den neuen Bundesländern, jüngeren Beschäftigten, Personen mit mehr als zwei Kindern sowie Menschen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit, wo die Verbreitung der Zusatzvorsorge im Vergleich zu anderen Gruppen merklich geringer ist.
Die aktuelle Diskussion über die Alterssicherungspolitik macht deutlich, dass verschiedene Aspekte wie der Erwerbsminderungsschutz und die gerechte Absicherung der Langlebigkeit dringend auf den Prüfstand gehören. Vor dem Hintergrund rückläufiger Teilnehmerzahlen in der Zusatzvorsorge – 66 % im Jahr 2019 im Vergleich zu 70 % im Jahr 2015 – ist eine faktenorientierte Auseinandersetzung über die zukünftige Ausrichtung der Alterssicherung in Deutschland unumgänglich.
Zusammenfassend zeigt sich, dass das Mehrsäulensystem, das durch die Riester-Reform erstermäßigt wurde, in der Praxis sowohl Erfolge als auch tiefgreifende Herausforderungen mit sich bringt. Ein substanzieller Teil der Beschäftigten verlässt sich allein auf die gesetzliche Rentenversicherung, während ein wachsender Anteil der Bevölkerung die Risiken und Kosten von zusätzlichen Vorsorgeformen kritisch hinterfragt.
Kommentar verfassen