Das Rentensystem in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen. Der demografische Wandel, insbesondere der Renteneintritt der Babyboomer, übt starken Druck auf die umlagefinanzierte Rentenversicherung aus. Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) schlagen in diesem Zusammenhang einen „Boomer-Soli“ vor, eine Sonderabgabe auf Alterseinkünfte ab einer bestimmten Höhe. Laut Welt sollen die Einnahmen aus dieser Abgabe in ein Sondervermögen fließen, das zur Umverteilung von Alterseinkünften verwendet wird.

Die Einführung des „Boomer-Soli“ könnte kurzfristig umgesetzt werden. Freibeträge würden dabei berücksichtigt, wobei insbesondere das oberste Einkommensfünftel stärker belastet werden soll. Eine langfristige Lösung könnte die Umverteilung von Rentenanwartschaften beinhalten, um niedrige Renten anzuheben und höhere abzugewerten. Diese Ansätze sind Teil eines umfassenden Reformvorschlags, den die DIW-Experten vorlegen, um die notwendige Umverteilung innerhalb des Rentensystems zu erreichen.

Demografische Herausforderungen

Die steigende Zahl an Rentner*innen führt dazu, dass in den kommenden Jahren mehr Menschen in Rente gehen werden. Der Altenquotient, das Verhältnis von Personen im Rentenalter zu erwerbsfähigen Personen, wird von aktuell 0,33 auf 0,42 im Jahr 2035 ansteigen. Im Jahr 2010 gingen etwa 670.000 Menschen in Altersrente, 2023 waren es bereits mehr als 950.000. Laut DIW muss die Rentenpolitik dringend klären, wer die Lasten des demografischen Wandels tragen soll.

Wichtige Stellschrauben der Rentenpolitik, wie der Beitragssatz, das Sicherungsniveau, das Renteneintrittsalter und Steuerzuschüsse zur Rente, sind entscheidend für die Zukunft des Systems. Die Bundesregierung plant, das Rentenniveau bis zum Jahr 2031 bei 48 Prozent zu stabilisieren. Um Finanzierungslücken zu schließen, soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung steigen. Die Dämpfung des Rentenniveaus könnte allerdings Altersarmut erhöhen und jüngere Generationen belasten.

Umverteilung und Reformbedarf

Umverteilungseffekte innerhalb der Generationen werden durch höhere Lebenserwartung und unterschiedliche Einkommensarten verstärkt. Der Vorschlag für die Einführung einer Solidaritätsabgabe auf Alterseinkünfte könnte dazu beitragen, jüngere Generationen zu entlasten. Dabei sind zwei Varianten der Besteuerung diskutiert: eine Belastung aller Alterseinkünfte oder auch von Vermögenseinkünften bei Haushaltsmitgliedern über 65 Jahren. Erwerbseinkommen werden nicht besteuert, um negative Anreize zu vermeiden.

Die Argumentation der DIW-Experten betont, dass zusätzliche Steuereinnahmen innerhalb der älteren Generation umverteilt werden könnten, ohne dabei eine direkte Mehrbelastung für die jüngeren Generationen vorzunehmen. Die Vorschläge basieren auf fundierten Datenanalysen, die auf Mikrosimulationsrechnungen und Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) von 2019 beruhen.

Angesichts dieser umwälzenden Veränderungen im Rentensystem bleibt zu erwarten, dass Union und SPD, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, in den kommenden Wochen eine neue Rentenkommission ins Leben rufen, die sich mit der Zukunft der Altersvorsorge befasst. Die Notwendigkeit mutiger und weitreichender Reformen ist unumstritten.