Rund 742.400 Rentner in Deutschland beziehen im März 2024 zusätzlich zur Altersrente die „Grundsicherung im Alter“. Dies sind über 23.000 mehr als im Vorjahresmonat. Besonders alarmierend ist der Anstieg der auf Grundsicherung angewiesenen Senioren: Die Zahl stieg von 569.865 im März 2021 um mehr als 172.500. Der statistische Dienst Destatis berichtet, dass im Jahr 2024 etwa 3,4 Millionen Rentner als arm gelten, wobei insbesondere Rentnerinnen von dieser Entwicklung betroffen sind. Im Jahr 2005 lag die Anzahl der armutsbetroffenen Rentner bei unter zwei Millionen. Diese dramatische Zunahme macht deutlich, dass Altersarmut in Deutschland ein wachsendes Problem darstellt.
Die Herausforderungen sind vielfältig. Viele Personen, die Bürgergeld beziehen, sehen sich gezwungen, auf essentielle Dinge wie Essen zu verzichten, um andere Ausgaben abdecken zu können. In einer Umfrage äußerten 54% der Eltern, dass sie aus finanziellen Gründen auf ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten ihrer Kinder verzichten. Experten warnen, dass der Anteil armer Senioren voraussichtlich weiter steigen wird, da geburtenstarke Jahrgänge, die häufig keine durchgehenden 35 Jahre Vollzeit gearbeitet haben, das Rentenalter erreichen. Sie bringen die Gesellschaft vor eine ernstzunehmende Herausforderung hinsichtlich der finanziellen Stabilität im Alter.
Die Unsicherheit der Rentenlage
Die Unsicherheit über die Zukunft der gesetzlichen Rente ist für viele Erwerbstätige spürbar. Eine Umfrage von Yougov zeigt, dass fast drei Viertel der Befragten bezweifeln, dass die gesetzliche Rente im Alter ausreicht. Angesichts dieser Bedenken wäre mehr als die Hälfte der Befragten bereit, über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu arbeiten. Allerdings sind 20% nur unter der Bedingung bereit, dass sie mehr verdienen. Ein Drittel der Befragten lehnt sogar eine Erwerbstätigkeit nach Erreichen des Renteneintrittsalters gänzlich ab.
Um die Problematik anzugehen, plant die Bundesregierung, mit steuerlichen Anreizen die Weiterarbeit von Senioren zu fördern. Die Unterstützung für eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48% bis 2031 durch Steuermittel ist unter den Menschen weit verbreitet, mit 63% Zustimmung. Doch es gibt auch Skepsis: 57,3% der Befragten hegen Zweifel an der langfristigen Stabilität des Rentenniveaus durch Steuergelder. Fast 70% würden lieber eine Förderung der privaten Altersvorsorge mit Steuermitteln bevorzugen.
Strukturen der Alterssicherung und Armutsrisiken
Das System der Altersversorgung in Deutschland besteht aus drei Säulen: der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Altersvorsorge. Diese Strukturen sind entscheidend für eine ausreichende finanzielle Absicherung im Alter. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) können durch Betriebsrenten oder private Vorsorge aufgestockt werden. Dabei zeigt sich, dass verwitwete Versicherte zusätzlich zur eigenen Rente eine Hinterbliebenenrente erhalten können, was ihre Einkommenslage verbessert.
Die Einkommenslage im Alter ist jedoch komplex und umfasst nicht nur die Renten aus der GRV, sondern auch Nebenerwerb, Gewinne, Zinsen und Sozialleistungen wie Wohngeld. Das Netto-Haushaltseinkommen, welches nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen berechnet wird, ist entscheidend. Besonders problematisch sind niedrige Einkommen, die vor allem bei alleinstehenden Frauen zu finden sind. In den alten Bundesländern erhält ein Drittel der älteren Bevölkerung eine Betriebsrente, während dieser Wert in den neuen Bundesländern nur bei 5% liegt.
Die Armutsrisikoquote unter der älteren Bevölkerung ist seit 2005 gestiegen und betrug im Jahr 2021 17,4%. Zukünftige Entwicklungen der Altersarmut sind ungewiss und hängen von vielen Faktoren ab, sowohl externen, wie den Erwerbsbiografien, als auch internen, wie möglichen Leistungsverschlechterungen in der Rentenversicherung. Sollte sich die demografische Entwicklung negativ auswirken, könnte die Anzahl der älteren Menschen mit Einkommen unter der Armutsrisikoschwelle weiter zunehmen, was die Thematik der Altersarmut weiter verschärfen wird.
Für eine aktive und gleichberechtigte Teilnahme älterer Menschen am gesellschaftlichen Leben benötigt es ein ausreichendes Alterseinkommen. Finanzielle Mittel sind notwendig für Unabhängigkeit, angemessene Wohnverhältnisse, soziale Kontakte und eine aktive Freizeitgestaltung im Alter. Während die aktuellen Entwicklungen besorgniserregend sind, bleibt abzuwarten, wie die Politik und Gesellschaft auf diese Herausforderungen reagieren werden, um das Lebensumfeld älterer Menschen nachhaltig zu verbessern.
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